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PHOTOGRAPHIE Dirk Eisermann

 

Das aufgegebene Land

Ein kleines Dorf und ein großes Problem. Nazis in Vorpommern.

 


Über die Kinder spricht in Bargischow niemand gerne, die meisten schweigen dazu. „Ich halte mich da raus“, sagt die Dorfwirtin, 50 Jahre schon im Ort, seine Seele gewissermaßen, eine freundliche Frau. Zwei Männer brüten stumm über ihrem Bier. Die Gäste sitzen im Mantel am Tisch, die Wirtin dreht nur einen von zwei Heizkörpern auf, weil es sich sonst überhaupt nicht mehr lohnt. Sie selbst hängt sich beim Bedienen eine Wolldecke um. „Die Kinder werden sich rächen“, sagt sie abwehrend. „Sie werden kommen, wenn ich etwas gegen die sage. Sie schmeißen mir die Fenster ein.“

Bargischow, Kreis Ostvorpommern, zwei Fahrtstunden von Berlin, das Jahr 17 nach dem Verlöschen der DDR. Wie ein steinernes Embryo schmiegt sich das Dorf um die alte Kirche. 388 Einwohner. LPG gleich nach der Wende geschlossen, das Geld kommt jetzt von Hartz IV. Ab und an ist auf der leeren Straße ein Rentner zu sehen. Der Umriss einer Katze. Ein Ort wie viele hier am östlichsten Rand von Deutschland, hinterm Deich das Haff, hinter der Grenze Polen. Das meiste Leben wich bereits in den Jahren nach der Wiedervereinigung aus Bargischow, das übrige verharrt seither bewegungslos. Es gibt keinen Pfarrer mehr und eine Feuerwehr sowieso nicht. Jedes Jahr schreitet die Mumifizierung des Gemeinwesens ein bisschen mehr voran. Doch unter der Kruste beginnt sich etwas zu regen. Bei den Landtagswahlen im September 2006 kam die NPD in Bargischow auf 31,6 Prozent. Die Dorfkinder nennen sich seit kurzem „Deutsche Jugend“ und kämpfen für eine „artgerechte völkische Kultur“. Sie lernen, in Zweierformation zu marschieren und tragen Fahnen. Die Rechtsextremen haben Bargischow übernommen und nur einer im Ort versucht, etwas dagegen zu unternehmen.

„Der Höckner ist leichtsinnig“, warnt die Dorfwirtin, als der letzte Gast gegangen ist. Unruhig steht sie am Fenster. „Ich habe wirklich Angst um den.“

Diese Reportage ist eine, wie sie aus vielen ostdeutschen Dörfern erzählt werden könnte. Sie handelt von einem Land, das nie in der Bundesrepublik angekommen ist. Das die DDR verlor, aber nichts gewann, immer noch gefangen ist im Schwebezustand zwischen Demokratie und Diktatur. Kleinste Erschütterungen können den Ausschlag zur einen oder anderen Richtung geben. SPD und CDU existieren hier nur in den Fernsehnachrichten. Die demokratischen Volksparteien sind in Dörfern wie Bargischow eine Schimäre aus Berlin. Längst sind mancherorts rechtsextreme Kameradschaften mächtiger als Gemeinderäte. Bald, befürchtet selbst die Polizei, werden sie in den ersten Gemeinden die Bürgermeister stellen. Nachdem sie sich 2005 der NPD angeschlossen haben, avancieren die Rechtsextremen zur Volkspartei. Vorpommern gilt unter Neonazis in ganz Mitteleuropa als Modellregion. Braun macht in Deutschland 60 Jahre nach Kriegsende wieder Staat.

Es ist wenige Monate her, Volkstrauertag, da standen sie vor dem Haus der Familie Höckner. Ihre Fackeln loderten in der Dunkelheit, acht Jugendliche in Jeans im Halbkreis vor dem Kriegerdenkmal in der Ortsmitte. Einen Kranz hatten sie niedergelegt und eine Rede über deutsche Opfer und alliierte Kriegsverbrechen abgehalten. Wenn Ulrich Höckner, 52, aus seinen Wohnzimmerfenstern sieht, kann er die kleinen Aufmärsche sehen. „Das ist absolut gespenstisch“, sagt er. Die siebenköpfige Familie war vor zehn Jahren aus Ostberlin nach Bargischow gezogen, weil sie der Stadt überdrüssig und Höckner im nahen Anklam Kreisstellenleiter der Caritas geworden war. Ihre Wahl war auf das alte Schulhaus von Bargischow gefallen. In einem Jahr Arbeit sanierten sie es, holten den Charme der Gründerzeit heraus, die Kinder halfen die Wände zu streichen, die Nachbarjungs schoben Schubkarren voller Zement. „Schauen Sie hier“, sagt Höckner und führt durch das liebevoll renovierte Haus. „Das Lehrerzimmer. Und nebenan wurden früher drei Klassenzüge unterrichtet.“ Hohe helle Räume, Parkett, Bücher, klassische Musik.

Ein Traum vom Landleben schien sich zu erfüllen, bis Steine an die neuen Fenster flogen, dann wurden die Gartensträucher herausgerissen und an die Hauswand geworfen. Die Kinder grüßten sie nun mit Hitlergruß und drohten ihnen Prügel an. „Die Bibelmenschen“, zischten sie. „Die Zecken.“ Die Neuen im Ort wurden abgelehnt, weil sie eine Nuance anders war als die anderen. Zum Beispiel hatten sie Arbeit. „Eine Zeitlang waren wir wie belagert,“ erzählt Ulrich Höckner. „Das war eine beängstigende Situation.“ Um sich in Vorpommern bedroht zu fühlen, muss man nicht aus Angola kommen. Es genügt, Ostdeutscher zu sein.

Ein Schlammpfad führt von Höckners zum Jugendclub, vorbei am Haus des Polizisten, der im Gemeinderat sitzt, der Dorfkneipe und dem Fischhändler. Fetzen von Punkrock dröhnen aus der blau gestrichenen Baracke. Im Garten sind Spuren der Wehrsportübungen zu sehen, Kriechgänge, hölzerne Barrieren. Ein Junge löst sich aus einem gegenüberliegenden Hauseingang, rennt über die Straße, verschwindet hinter der Tür des Clubs, woraufhin die Musik erstirbt. „Ihr könnt hier nicht rein“, sagt ein ein stämmiger junger Mann und versperrt die Tür. „Keine Chance“, sagt er. Das sei ein normaler Jugendclub, beharrt er. Der NPD-Landtagsabgeordnete Michael Andrejewski, zu dessen Wahlkreis das Dorf gehört, lobt die Besatzung der blauen Baracke. Es ist das Hauptquartier des „Heimatbund Pommern“, eine der aktivsten Neonazi-Organisationen in Mecklenburg-Vorpommern. „Die NPD und die Jungs in Bargischow sind wie Marine und Heer. Verschiedene Waffengattungen einer Armee.“

Der Bürgermeister des Dorfes, in dem die Kinder marschieren, hat kein Problem. Die wenigsten dort seien rechtsextrem, beschwichtigt Karl-Heinz Thurow, als er abends seinen Stellvertreter und Polizeischichtleiter, Andre Stegemann, auf ein Glas Rotwein besucht. Seit 300 Jahren bewohnen Thurows den höchsten Hügel im Dorf. Seine Rinder beweiden die Wiesen im Hinterland. Thurow ist Bargischow. Er trägt einen sorgsam geschnittenen Vollbart und lächelt duldsam , wenn Kritik aufkommt. Mit einem Lächeln hatte er auch reagiert, als Ulrich Höckner während einer Bürgerfragestunde darauf drängte, etwas gegen die Rechten im Jugendclub zu tun. Die seien ihm egal, soll der Bürgermeister gesagt haben. Er habe nicht mal mehr den Schlüssel. „Bürgermeister übergibt Jugendclub der NPD“, schrieben daraufhin die Zeitungen. Seither sagt auch Karl-Heinz Thurow über die Dorfkinder lieber nichts mehr.

Die Aufregung, die sogar die Landeshauptstadt Schwerin erreichte, brachte ein Beraterteam des „Regionalzentrums für demokratische Kultur“ ins Dorf. Von fünf Büros aus, finanziert durch Bund und Land, versuchen sie in Mecklenburg-Vorpommern gegen rechts zu kämpfen. Sie klären auf und beraten, wenn man sie ruft. Das mehr verhüllende als enthüllende Kürzel „RAA“ hängt an ihren Türen, fotografieren lassen sich nur wenige Mitarbeiter. Die meisten wurden bei Auseinandersetzungen mit Neonazis schon verletzt. In Bargischow beraten sie den Bürgermeister beim Aufsetzen einer Hausordnung für den Jugendclub. Damit soll nun das Problem gelöst werden. Und ein Erwachsener soll gefunden werden, der den Schlüssel erhält. Bis heute nahm sich niemand des Schlüssels an.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Es ist dunkel am nächsten Abend im Jugendclub, dafür brennt Licht im Sitzungssaal der benachbarten Gemeindebaracke. Drei Mitglieder des „Heimatbundes“ putzen den Raum, in dem sonst Bürgermeister und Gemeinderat tagen. Ein 16-Jähriger, der im Sommer seinen Eid auf die Vereinsfahne abgelegt hatte, spült die Gläser, ein 15-Jähriger versucht, eine abgefallene Gardinenstange wieder anzubringen. „Wir hatten gestern den Saal für eine Geburtsfeier“, erklärt der Ältere, dessen Vater im Gemeinderat sitzt. „H8Maschine“ steht auf seiner Brust, das Logo einer Rechtsband, im Codeverzeichnis der Szene übersetzt mit: „Heil-Hitler-Maschine“. Es sind nette Jungs aus der Nachbarschaft. Ihre Familien wohnen gegenüber. Kevin ist auf der Realschule zweimal sitzen geblieben. Schon als Kind trug er Kampfstiefel, die 14-Schnürlöcher. 16-Löcher hätten martialischer ausgesehen, konnte seine Familie sich aber nicht leisten.“ Freunde hat er in der Schule keine. „Freunde, pah!“ sagt er. „Die findest du dort nicht.“ Als ihm neulich ein Lehrer am Kragen packte, habe ihm keiner beigestanden. Keiner habe dem Rektor gesagt, er habe sich nur verteidigen wollen. „Da traut sich niemand, etwas zu sagen. Die haben doch alle Angst um ihre Noten.“

Es kämen alle Jugendlichen des Dorfes zu ihnen, sagen die beiden beim Gläserspülen. Nur die Höckner-Kinder nicht. „Die Berliner mit dem schönen Haus“, höhnt der Jüngere. „Was die für abgefahrene Musik hören“, ereifert sich der Ältere. „Die tanzen im Sommer ums Lagerfeuer.“ Gitarre haben sie gespielt und indische Musik gehört. Den Club, der vom Staatsschutz als Schulungszentrum bezeichnet wird, bauen sie derzeit in Eigenarbeit aus. „Ich stecke da mein ganzes Taschengeld rein“, erklärt der 15-Jährige. Den Boden haben sie so eben erneuert, das Dach abgedichtet, die Wände neu gestrichen. Ihre Trommelgruppe ist naziweit bekannt, manchmal treten sie sogar bei Dorffesten auf, weil die Verantwortlichen nicht überreißen, dass es sich beim Heimatbund nicht bloß um eine Wandertruppe handelt. Mehrfach hat die Polizei bei Razzien Massen von rechtem Propagandamaterial im „Jugendclub“ beschlagnahmt. „Stimme der Heimat“ heißt ihre Kampfzeitschrift, für Kinder gibt es Sonderausgaben mit Rätseln und Spielen. Die älteren Dorfkinder ziehen die jüngeren nach. Auf den Fotos der Homepage des Heimatbundes sind sogar die Allerkleinsten zu sehen, Zweijährige, Dreijährige und immer wieder die blaue Baracke in Bargischow.

Die Stärke der NPD in der Region ist die Schwäche katastrophalen Kommunalpersonals. Personal. In den zwei Wochen, in denen diese Reportage entstand, trat der Stadtpräsident von Schwerin (CDU) zurück, weil er sein Dienstlaptop einer Hure verpfändet hatte. Der Bürgermeister von Anklam stand für Interviews nicht zu Verfügung, weil 50 Polizeibeamte Rathaus, Privatfirma und Wohnung des Stadtoberhauptes durchsuchten. Verdacht auf Vorteilsnahme. Über den Bürgermeister in Bargischow heißt es inoffiziell im Landratsamt: „Wir wissen, Herr Thurow braucht Hilfe.“ Dessen Haushalt für 2006 ist immer noch nicht durch die Kommunalaufsicht, und seine Dörfler regiert er nach DDR-Vorgabe. Erst kommt der Plan, dann der Bürger. Hier nennen ihn viele schlicht: „Imperator“.

Der rechte Aufschwung bringt nicht nur die NPD hervor. Den Umsturz in Bargischow betreibt auch Kfz-Meister Wilfried Schieweck. Seufzend beugt er sich über seinen Schreibtisch. „Was schreiben wir nur aufs Transparent?“ In der Bürokabine der Werkstatt stehen neun empörte Nachbarn, die sich allesamt gegen die Sanierung einer Straße wehren. „Vielleicht: Hier entscheiden wir?“ Im Herbst hatte Thurow von plötzlich frei gewordenen EU-Fördergeldern erfahren und mit seinen Räten den Ausbau der Straße beschlossen. Ohne zuvor die Anlieger anzuhören. Jetzt sollen die angeblich bis zu 17 000 Euro Beteiligung zahlen. „Schreibt doch, lieber tot als Sklave!“, empfiehlt der einzige Auswärtige in der Runde, den sich Schieweck als Berater aus Westmecklenburg geholt hat. Lutz Kind ist sein Name, schwarzer Mantel, den Kopf deckungsuchend zwischen den Schultern. Die Straßenrebellen schauen auf ihn. „Das deutsche Volk muss aufwachen“, erklärt er. „Wir sind Sklaven der Alliierten!“

In einer Einkaufstüte vom Globus trägt Kind Reichsgesetze von 1935 und 1937 mit sich. Seine Beratungsgrundlage für die Einheimischen. „Diese Aufregung hier lass ich mir nicht entgehen“, sagt er, er ist bester Stimmung. Seine Visitenkarte ziert der Fantasie-Titel „Landesinspektor Mecklenburg-Vorpommern“, seinen Laptop der Reichsadler. Er und Schieweck, regionaler Statthalter, gehören den sogenannten „Reichsbürgern“ an. Sie glauben an die Existenz einer Kommissarischen Reichsregierung, von denen es ein halbes Dutzend untereinander konkurrierende gibt, und predigen ein Weiterleben des Deutschen Reiches. „Wir haben keinen Staat“, deklamiert Kind in der Werkstätte, „wir haben keine Behörden, also gelten auch eigentlich deren Gesetze nichts.“ Die Reichsregierungen geben Reichsführerscheine heraus, Reichsbaugenehmigungen und Reichspässe. Auf Rügen sollen in manchen Dörfer bereits knapp die Hälfte aller Selbstständigen einen haben. „Können wir wieder über die Straße sprechen?“, unterbricht ein Anwohner höflich, als Kind sich zu sehr in der Welt der Verschwörungen versteigt. Derweil, hundert Meter entfernt, sitzt Bürgermeister Thurow mit seinen Stellvertreter André Stegemann zusammen. „Ich gehe da nicht rüber und spreche mit denen“, sagt er. Zwar hätten die Anwohner erst zwei Wochen vor Baubeginn von der Sanierung erfahren, aber hätte er deswegen 70 500 Euro Fördergelder verfallen lassen sollen? „Dafür haben die uns doch gewählt“, ergänzt Stellvertreter und Schichtleiter der Polizeidirektion Anklam, „dass wir so Sachen entscheiden.“ Er habe das Gemeinwohl im Auge, und wenn er mit den Leuten spräche, fürchte er, „würde die Meinung der Gemeindevertreter negativ beeinflusst“. Dass nur die Anwohner die Seitenstraße nutzen können, sie bisher aber nie genutzt haben und sie daher nicht brauchen, interessiert die Herren nicht. Aufbau Ost macht arm. Die Dorfdemokratur.

Die Nacht über malen und basteln Bürger und Reichsbürger. Für den nächsten Morgen ist die Einweihung der Straße angesetzt, es kommt Lokalpresse, da wollen sie auf die Pauke hauen. Bis zu den nächsten Kommunalwahlen 2009 planen sie, einen Gegenkandidaten zu Thurow finden. Schieweck redet sich in Rage. Er spricht von Juden und ihren Wirtsvölkern. Der Verdunkelung der Sonne. Gestern Abend seien wieder die Boeings 737 geflogen, die Chemie in die Atmosphäre einsprühen, um die Erderwärmung zu verhindern. Geheimer Nato-Plan. Geheime Wettermanipulation, mit der sich auch offiziell die NPD beschäftigt. Es gebe in Deutschland keine Verfassung, daher sei nichts verfassungsfeindlich, auch nicht die „Pommern-Jungs“ im Jugendclub. „Die sind in Ordnung.“ Er erwähnt lobend, dass sie das Ehrenmal vor seiner Werkstatt hergerichtet hätten, „ohne Geld dafür zu verlangen!“ Man dürfe sie nicht wie Abschaum behandeln, mahnt er väterlich. „Es sind doch unsere Kinder!“

„Einmal ehrlich: Ich verstehe das Ganze nicht“, ergänzt nebenan Polizist Stegemann. „Der Gemeinderat ist nicht verantwortlich für die politische Bildung. Die Polizei ist nicht dazu da,“ wettert er, „sich um die politische Bildung von Jugendlichen zu kümmern.“ Seine Kollegen vom Staatsschutz bitten die Gemeinde in letzter Zeit immer drängender, etwas gegen das Schulungszentrum zu tun. „Die Gemeinde steht in der Verantwortung“, mahnt der Leiter der Anklamer Kriminalpolizeiinspektion, Thomas Krense. „Wenn die Kommunalpolitik nichts tut, sind wir machtlos.“ Verbieten könne er den Heimatbund nicht, da er nicht offen verfassungsfeindliche Symbole zeige. Die Polizei werde immer häufiger von Rechten ausgespielt, rechte Konzerte als private Geburtsfeiern deklariert. „Das Schwert der Verbote wird zunehmend stumpfer.“ Die NPD kann man vielleicht verbieten. Aber wie kann man ein Verfahren zum Verbot eines Dorfes betreiben?

Auch zum NPD-Mann Andrejewski ist die Straßenrebellion vorgedrungen. Beim Flugblatt-Verteilen in Anklam erreicht ihn die Nachricht, die Reichsbürger seien in Bargischow. Konkurrenz. „Oje, die Wundermittelheiler“, erschrickt er. „Wirrköpfe. Da muss ich einschreiten.“ Ein Anwohner hat ihn bereits mit allen Unterlagen versorgt, demnächst will Andrejewski ein extra Flugblatt verfassen. „Wir werden zu den nächsten Wahlen in Bargischow jemanden aufstellen“, verkündet auch er.

Ulrich Höckner überlegt, bei den nächsten Komunalwahlen als Bürgermeister zu kandidieren, weiß aber nicht, ob er dafür genügend Rückhalt hat. Die Nachbarn des „Jugendclubs“ beschimpfen ihn und seine Frau. „Hau ab, du Schlampe!“ rufen sie.

An manchen Tagen ist Herr Höchner sehr ratlos. Sehr mutlos. Er läuft dann durch das Moor und lauscht den Vogelschwärmen. „Es gibt in diesem Land“, sagt er und atmet durch, „doch noch etwas Heiles.“  

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 
     
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Dirk Eisermann, Hamburg
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