PHOTOGRAPHIE Kai Wiedenhöfer

  Die große Flucht

   

  4,4 Millionen Iraker sind vor dem Krieg geflohen. 1,8 Millionen nach Syrien. Portrait einer verstümmelten Gesellschaft.
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Den Kindern des Krieges ist grelle Schminke aufgetragen worden, ein dunkles Rot auf die Lippen, ein Türkis auf die Lider. Stumm laufen sie auf der Bühne des Nachtclubs „Al-Kobtan“ im Kreis. Ausgestopfte Push-up-BH versuchen das allzu Kindliche zu kaschieren. „Vorwärts! Vorwärts!“ brüllen Männer zu den Tänzerinnen hinauf. Bündelweise lassen sie Spielgeld auf die 12- bis 20-Jährigen regnen, die sich eingeschüchtert an den Händen umklammern, in Dreiergruppen, oft wie eingeschlafen wirken, bis sie erneut ein Geldbündel trifft. So sehr genießen die Geschäftsleute in Damaskus Bordellen die Nacht. Zu ihren Füßen kriechen kleine Jungs, acht, neun Jahre alt, wie Schabentiere huschen sie über den Boden. Sie krabbeln über die Tanzfläche, auf allen Vieren, schweißnass, und schieben das Geld über den Bühnenrand, wo andere Kinder die Scheine wieder zu Bündeln sortieren. Ein Wurf kostet die Kunden soviel wie eines der Mädchen, das sie am Ende der Nacht ins Hotel nehmen: 10.50 Euro. „Ein guter Körper“, lobt ein aus Wien angereister OPEC-Mitarbeiter seine Wahl. „Ich mag es nicht, wenn die zu fette Hintern haben.“

Die Mütter sitzen ganz hinten im „Al-Kobtan“, was „der Kapitän“ heißt, hastig rauchend, Unterkiefer auf Fäuste gestützt. Jung verwitterte Gesichter in schwarzen Kopftüchern. Immer wieder suchen die Mädchen auf der Bühne den Blickkontakt zu ihnen. Sie haben noch vor wenigen Monaten ihre Töchter auf die Schule geschickt, in Samarra, Falludscha und Bagdad. Die Schuluniformen haben sie ihnen gewaschen und die Hausaufgaben kontrolliert. Jetzt verkaufen sie ihre Kinder. Die Mütter auf den Rückbänken sehen zu, wie die Freier zu ihnen auf die Bühne gehen, mit Kennerblick die Festigkeit ihres Fleisches prüfen. Sie sich ausschütten vor Lachen, wenn eines der jungen Mädchen mit den noch ungewohnten High-Heels stolpert. Später werden die Mütter mit den Männern den Lohn für die Nacht aushandeln. Dann vor dem Hotelzimmer warten, stundenlang, bis die Tortur der Töchter vorüber ist.

Hunderte von illegalen Nachtclubs sind in den Außenbezirken der syrischen Hauptstadt entstanden, in der Wüste leuchten sie bunt wie Tiefseequallen. Polizei und Geheimdienste intervenieren bisher kaum, obwohl Prostitution wie in allen islamischen Ländern streng unter Strafe steht. Lediglich das Werfen von echtem Geld haben die Ordnungskräfte unterbunden. Damit die Kinderhuren nicht aufs Konterfei des Präsidenten treten.

Der Krieg hat den Irak zerstört, jetzt greift er nach den Nachbarstaaten aus. Immer mehr Familien aus dem Zweistromland drängen nach Syrien, oft mit wenig mehr als ihren Kleidern. Die Region durchlebt das größte Flüchtlingsdrama im Nahen Osten seit Vertreibung der Palästinenser im Jahr 1948. Der Anschlag auf die goldene Moschee in Samarra im Februar 2006 hat die große Absetzbewegung ausgelöst. 2 000 täglich passierten bis vor kurzem die Grenze. 1,8 Millionen sind nach Zahlen des Innenministeriums derzeit im Land. Jeder zehnte Einwohner Syriens ist Iraker. Sie fliehen vor einem Morden, das vier Jahre nach der Besetzung durch die USA unvorstellbare Ausmaße angenommen hat. Schiiten töten Sunniten, Sunniten Schiiten, die wiederum die Palästinenser töten. Massenweise werden sie seit 2006 in den Straßen Bagdads exekutiert. Ebenso die anderen Minderheiten, die Christen, Mandäer, Yeziden. Die Milizen haben alles Fremde in ihren Gebieten ausgelöscht oder vertrieben. Kriminalität und die Entführungsindustrie florieren. Keine Polizeistatistik erfasst alle Toten, denn die Polizei steckt oft selber hinter den Morden. „Die Gewalt nimmt ständig zu. Unsere Quellen im Irak bestätigen das jeden Tag“, sagt die Deutsche Dietrun Günther vom UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) in Damaskus. Es gibt für Iraker in ihrer Heimat keinen Schutz. Es gibt nur Syrien.

Die Grenze ist eine unsichtbare Linie im Wüstenstaub, auf der einen Seite ist der Tod, auf der anderen das Leben. Ein graues Abfertigungsgebäude trennt Syrien vom Abgrund, ein Parkplatz für Lkws und ein kleiner Imbiss. Der Name des Grenzpostens ist At Tanf. Nach hunderten Kilometern Fahrt für die Iraker der erste sichere Ort. Flirrende Hitze. Schattenlos. 40 Prozent der Menschen, die hier in den vergangenen Monaten durchgekommen sind, waren verletzt oder krank, erzählen die syrischen Grenzer. 60 Prozent sind schwer traumatisiert, berichtet das UN-Flüchtlingswerk. „Lasst uns rein!“ rufen Frauen, die seit Tagen an der Grenze festsitzen. Sie zeigen aufgeregt Ausweise und Beglaubigungen, eine im achten Monat Schwangere zeigt auf ihren Bauch. Eine Greisin trägt ein kardiologisches Gutachten mit sich herum, wonach sie dringend in Damaskus eine Herz-OP braucht. Verstohlen kramt ein Hauptmann der irakischen Polizei seine Dienstpapiere hervor. „Lasst mich rein“, flüstert er, damit die anderen ihn nicht hören. „Die Milizen sind hinter mir her.“ Panik ist in seinem Gesicht, denn Syrien hat vor wenigen Tagen mit neuen Visa-Regelungen die Übergänge quasi dicht gemacht. Die Flüchtlinge haben das Leben im Land derart verteuert, dass es sich auch Syrer kaum mehr leisten können. Selbst die subventionierten Grundnahrungsmittel steigen im Preis, Fleisch können sich viele nicht mehr leisten. Wohnungen sind für Einheimische fast unerschwinglich. Bevor die Infrastruktur des kleinen Landes endgültig kollabierte, zog das Regime des Bashar al-Asad jetzt die Notbremse. Der letzte Fluchtweg ist blockiert.

Die Straße, in der sie sich Schutz erhoffen, ist ein Knochenbrecher, ein regelloses Gedränge von Leibern und Karosserien, nur Zentimeter Luft zwischen ihnen, oft weniger, ein Chaos von Hupen und Flüchen, die gegen die Häuserfronten branden, neu erbaut, hastig im Rohbau hochgezogen und sofort von Kakerlaken verseucht. In den Cafés spielen Iraker mit frisch amputierten Armstümpfen das Dominospiel, Beinamputierte auf Krücken eilen sich, die Straße zu überqueren. Die Taxifahrer bieten Huren an, der syrische Geheimdienst will Papiere sehen. Verstörte Bettelkinder, Augen tief in den Höhlen, spindeldürr, wackeln mit den Köpfen, küssen Erwachsene die Hände, die Arme, die Beine für eine einzige Münze. Das Viertel Saida Zeinab im Süden der syrischen Hauptstadt, wo die Ärmsten der Iraker wohnen, erinnert an deutsche Elendsquartiere nach dem Ersten Weltkrieg. Trümmer einer zusammengebrochenen Zivilisation. Faulender Müll bedeckt den Staub der Seitenstraßen, es riecht nach Verwesung, aber nicht Menschen verrotten hier, sondern Teile von Tierkadavern. Das ist der Unterschied zu Bagdad. Das ist seit anderthalb Jahren das neue Zuhause der Familie Arkan.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Das Nörgeln seiner Frau erträgt Herr Arkan den ganzen Tag. In ihrer Einzimmer-Wohnung quengelt sie ohne Unterlass, fortwährend passt ihr etwas nicht. Seufzend erhebt er sich von der Bastmatte und bringt ihr Wasser. Schließt ihr das Fenster. Öffnet es ihr wieder. Frau Arkan hat bei einer Bombenexplosion das linke Bein verloren. Sie ist am 16. April 2006, um 11 Uhr morgens, auf den Nachhauseweg in den Schnellbus der Linie Djadida-Al Dora gestiegen, als an einer Haltestelle zwei Männer Sprengstoff hinein schleuderten. Alle 20 Insassen starben, nur Frau Arkan wurde durch die Türöffnung auf die Straße geworfen. „Da lagen überall abgerissene Arme und Beine“, sagt sie. Unablässig klopft ihre Faust auf den noch schmerzenden Stumpf, mit der Unerbittlichkeit eines Uhrwerks. Schlag für Schlag hallt ihr Klatschen zwischen den Wänden.

Nur wenig Tageslicht erreicht nach acht Geschossen die Fensteröffnung der Arkans. Ihre Gasse ist eine schmaler Riss im Beton der Neubauten. Der Krieg treibt die Geschwüre der Slums ins Umland, die Immobilienpreise verfünffachten sich in den vergangenen zwei Jahren. Wo Abbas und Latifa Arkan mit vier Kindern in einem Raum mit winziger Küchenzeile haust, stand noch 2004 ein Olivenhain. Ihr Haus in Bagdad ist gesprengt, ihre Straße verlassen. Schiitische Milizen haben das früher sunnitisch-christliche Viertel übernommen, erzählt Herr Arkan, der früher als Taxifahrer arbeitete und jetzt als Kofferträger jobbt. Das Arbeiten ist den Irakern in Syrien verboten, trotzdem tun es die meisten, weil sie es tun müssen – jederzeit kündbar und zu erbärmlichen Löhnen. „Ich habe seit der Bombe nicht mehr durchgeschlafen“, sagt seine Frau. „Jede Nacht weckt mich mein Bein. Es juckt, aber ich kann es nicht kratzen. Es ist nicht mehr da.“ Auf einer Matratze toben drei ihrer Jungs, immer aggressiver werden sie, klagt Frau Arkan, dazwischen sitzt die 14-jährige Tochter, traurig, mit durchgedrückten Schultern. Die Eltern haben sie von der Schule genommen, damit sie sich um die Mutter sorgt.

Eine Prothese, die ihr das Laufen ermöglichen würde, können sie sich nicht leisten. Sie wäre in Damaskus für 1000 Euro zu haben. „Wir haben alles verloren“, klagt Frau Arkan. „Arbeit, Haus, Besitz.“ Und vor acht Tagen auch den ältesten Sohn, Omar, 22 Jahre alt, der noch in Bagdad als Mehlverkäufer ausgehalten hatte. Zwei Tage hatte seine Leiche auf der Straße gelegen, bis man ihn fand mit einer Kugel im Kopf und abgehackten Händen. „Warum die Hände?“, fragt Frau Arkan und schlägt sich auf den Stumpf. Ihr Mann beginnt zu weinen. Die Tochter schaut weg.

Die, die sich im Irak bekämpfen, leben in Saida Zeinab Tür an Tür. Sie sind voreinander geflohen und miteinander im Exil. Die Flüchtlinge weben sich ein in eine Kokonhülle aus Lügen und Gerüchten. Der Arm der Milizen und Al Kaida reicht in alle Verwinkelungen von Saida Zeinab. „Damaskus-Falludscha in nur 12 Stunden!“ werben Dutzende Reisebüros, die täglich ihre Minibusse pendeln lassen. Expressverbindungen in alle Herzkammern des Terrors. Fotos der Milizführer, die im Irak den Völkermord propagieren, bedecken die Hauswände. Drei Autobomben soll der syrische Geheimdienst in den vergangenen Monaten im Viertel entschärft haben. Es wimmelt vor Geheimagenten. Nichts fürchtet der syrische Staat mehr als den Ausbruch von Unruhen zwischen Schiiten und Sunniten, denn aus wenig mehr setzt er sich zusammen.

Vater Arkan trauert an diesem Abend in der sunnitischen Omarmoschee. Einen Block weiter, zur selben Zeit, ist die Kuppel der schiitischen Pilgerstätte vom Wimmern hunderter Gläubiger ausgefüllt. Die Betenden klammern sich an das Silbergitter des Heiligensarkopharges. Ihre Beine geben nach, weinend hängen viele am Schrein. „Oh Jesus, du bist unsere einzige Hilfe“, fleht auch der Pfarrer im Nachbarviertel an diesem Abend. „Oh lieber Gott, oh lieber Jesus. Öffne deine Tore für uns.“ Einzeln erheben sich im Gottesdienst die Fürbittenden. Alle kommen aus dem Irak, wo das Christentum nach 2000 Jahren vor der Auslöschung steht. „Gott möge meine Tochter aus dem Irak zurück kehren lassen,“ ruft eine alte Frau. „Gott möge meine Frau heilen“, bittet einer fast unhörbar. „Etwas lauter“, ersucht ihn der Pfarrer. Die am meisten zu erbitten hätte, Baida`a Yabada, 42, erbittet nichts. Sie senkt den Kopf und dreht die Finger beim Beten zu einem harten festen Knoten.

Zum ersten Mal verlor sie ihren Sohn Zead, als er am 14. April 2005 in Bagdad auf seinen Schulbus wartete. Ein Mann zwang den damals Zehnjährigen in ein Auto. Über die 17 Tage seiner Gefangenschaft wissen die Eltern bis heute kaum etwas, so wenig hat er ihnen erzählt. Tag und Nacht riefen die Entführer bei der Familie an. Sie brüllten ins Telefon, waren betrunken, beschimpften sie als Christenschweine, drohten Zead in Tüten verpackt vor ihre Haustüre zu legen. „Sie foltern mich, Papa“, zwangen sie ihn ins Telefon zu sagen. „Sie schlagen mich.“ 300 000 Dollar forderten sie von den Yabadas, schließlich willigten sie bei 20 000 ein. Baida`a Yabada bekam ihren Sohn zurück und doch vermisst sie ihn. „Das ist nicht mehr unser Zead. Er ist nervös, fordernd, furchtbar aggressiv.“ Zum zweiten Mal verloren sie ihren Sohn am 24. März diesen Jahres, als bei einem Busunfall in Syrien sein rechter Arm abriss und sein Gesicht zerfetzte. Die Familie war an die irakische Grenze gefahren, um ihre Aufenthaltserlaubnis zu verlängern. Der Bus kippte auf seifenglatter Fahrbahn um, einer von vielen Unfällen auf Syriens chaotischen Straßen. Die Mutter zog ihren Sohn aus dem Buswrack. „Bete!“, schrie sie ihn an. „Bete! Bete! Bete!“

„Du musst allmählich wieder unter die Leute“, mahnt ihn zu Hause der Vater. Zead kann die Blicke der Menschen nicht ertragen, die Schule hat er verlassen. Nach vielen Operationen umranden Fleischfetzen seine Augen. „Geh doch morgen zum Fußball“, sagt der Vater. Im Zentralstadion von Damaskus spielt die irakische Nationalmannschaft in der WM-Qualifikation gegen Pakistan. Früher die großen Idole des Jungen. Die Eltern kommen nicht mehr an ihn heran. Er bleibt die meiste Zeit stumm. Sie weinen, wenn er nicht im Zimmer ist. Sie zeigen Fotos von früher. Der Pfau in ihrem Garten. Ihre Villa in Bagdad. Die Büros des Großhändlers für Küchenzubehör. Zead mit strahlenden blauen Augen. „Ein so hübscher Junge“, sagt die Mutter. Er tut seinen Eltern den Gefallen, geht zum Spiel. Tausende irakische Fahnen im Exil. „Wir sind die Sieger von Falludscha!“ skandiert die Fankurve. „Wir haben die Amerikaner in die Knie gezwungen!“ Inmitten des Jubels bleibt Zead teilnahmslos. Die Armprothese hängt schlaff von der Schulter. Er hat zu Hause für das Spiel eine kleine irakische Flagge an einen Stock genäht. Auch dazu hat ihn die Mutter überredet. Sie fällt immer wieder ab.

Mit zehntausenden Flüchtlingen hatte der Westen zu Beginn des US-Angriffs gerechnet, 4,5 Millionen sind es geworden. 2,3 Millionen befinden sich im Innern Iraks auf der Flucht, der Rest immigrierte in die Anrainerstaaten. Die USA und Großbritannien, die die Region in die Katastrophe stürzten, haben bislang 615 Irakern Asyl gewährt.

Die Straße vor der Deutschen Botschaft ist leer, auf dem Höhepunkt der Krise herrscht hier die friedvolle Ruhe eines schwäbischen Landratsamts. Auch von dieser Adresse, wissen die Iraker, ist nicht viel Hilfe zu erwarten. Die 62-jährige Fiktoria Danah (Name geändert) macht sich im Berufsverkehr von Damaskus dennoch auf den Weg. Sie lebt in Nordrhein-Westfalen als anerkannter Flüchtling, mit Mann und vier Kindern. Über einen Telefonanruf vor zwei Monaten erfuhr sie, dass ihre 34-jährige Tochter im Irak getötet worden ist, ihr Mann entführt. Seither kümmert sich die Großmutter um sieben Enkel, die sie zuvor noch nie sah. Das kleinste der Kinder ist fünf Monate alt, der älteste 14. „Ich habe aus Versehen die Haustür aufgelassen“, macht der Größte sich Vorwürfe. Acht Männer drangen ins Haus der christlichen Familie ein, prügelten die Kinder, erschossen die Frau. Sie haben alles mit angesehen: Wie drei Kugeln den Kopf ihrer Mutter trafen und der Vater nach draußen geführt wurde. Seither gibt es keine Nachricht von ihm. Die Kinder dürfen weder fotografiert, noch ihre Namen veröffentlicht werden – um den vielleicht noch lebenden Vater nicht zu gefährden. In zwei Zimmern wohnt die Oma nun mit ihnen, doch kann sie in Syrien nicht für immer bleiben.

Dann passiert doch noch das kleine Wunder von Damaskus. Nachdem die Großmutter von der Botschaft zurückgekehrt ist, umlagern sie die Kinder mit großen Augen. Die Achtjährige hat den Fünfmonatigen auf den Schoß, der Fünfjährige kuschelt sich an den Sechsjährigen. Und selbst die Zweijährige, die immer noch jeden Tag nach ihrer Mutter schreit, wird still und scheint zu merken, dass dieser Moment etwas Besonderes ist. Das Auswärtige Amt hat einer Familienzusammenführung zugestimmt. Nun muss noch die Ausländerbehörde in Essen, Danahs Wohnort, einwilligen. Fiktoria Danah will die Waisen auf sich und zwei ihrer erwachsenen Kinder verteilen. Sie weiß, dass dann neue Probleme beginnen, aber denen will sie sich stellen. „Kann ich etwas fragen?“, meldet sich die 13-Jährige irgendwann. „Ist es in Deutschland erlaubt, dass wir die Schule besuchen?“ Es wäre für sie das erste Mal.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 
 
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Kai Wiedenhöfer, Berlin
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