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Die Geschichte vom Niedergang der Bayerischen Landesbank

Das Schwarze Loch

 

Der Mann, der das Bahnhofscafé in Manhattan betritt, fürchtet, gesehen zu werden. Er ist angespannt. Bestellt einen Espresso. „Ich habe sie immer wieder gewarnt“, sagt Johann Brunner*, dunkler Anzug, weißes Hemd. „Irgendwann lief das alles aus dem Ruder.“ Er arbeitet für die Bayerische Landesbank, Zweigstelle New York. Er schaut sich nervös über die Schulter. Jeden Gast, der neu hereinkommt, mustert er eindringlich. Dann unterbricht er für einen Moment seine Erklärungen und setzt wieder an. Jahrelang stand der Mann loyal zu seiner Firma. Er ist in einer Abteilung beschäftigt, die Kreditrisiken prüft. „Ich habe ihnen immer wieder gesagt, macht das nicht. Wir wissen nicht, worauf wir uns da einlassen. Es war die reine Gier. Wir waren so gierig.“ Er hat einen Bleistift mitgebracht und einen Notizblock, darauf zeichnet er Pfeile, Kästchen, Körbchen, den Untergang einer ehemals strahlenden Bank.

Der Stift sprüht Grafit, als er mit Schwung einen weiten Bogen malt. Er zieht ihn vom Jahr 1972, in dem die BayernLB von Sparkassen und Freistaat gegründet wurde, als Landesbank für Mittelstand und Regionalförderung, bis in die Gegenwart von 2008, in der das Unternehmen 19 200 Mitarbeiter hat und eine Bilanzsumme von 415 Milliarden Euro. Er zieht den Bogen von München, Sitz der Hauptverwaltung in der vornehmen Brienner Straße, rechts am Blattrand, ins 10 000 Kilometer entfernte Kalifornien ganz am linken Rand. Tüpfelt viele kleine Punkte dorthin. In Reihen ordnet er sie an, in Straßenzügen, denen er wiederum ein quadratisches Muster gibt, bis sie einem typisch kalifornischen Wohnviertel ähneln. Als würde jemand aus der Vogelperspektive auf das Haus von Moises Carranza schauen, Lawndale, Los Angeles, Heimat des amerikanischen Traums.

Zum ersten Mal gestand es der Spediteur seinen drei Kindern vor zwei Monaten. Lange hatte er diesen Moment hinausgezögert. Im Halbkreis saßen sie auf der Polstergarnitur. Carranza hatte sich vorgenommen, nicht zu weinen. „Sie sollen glücklich sein“, sagt der 36-Jährige über seine Familie. „Sie sollen von all dem nichts mitbekommen.“ Moises Carranza ist nicht mehr in der Lage, seinen Kredit zu bezahlen. Er hat 30 Pfund zugenommen und kann seit Wochen nicht richtig schlafen. „Wir sind in großen Schwierigkeiten“, gestand er. „Vielleicht werden wir unser Haus verlieren.“ In diesem Haus wurde er geboren, dort, wo heute der große Flachbildschirm steht. Für 9 500 Dollar hatte es sein Vater 1962 als mexikanischer Immigrant erworben, um es dann 20 Jahre lang abzubezahlen. Monat für Monat. Eiserne 52 Dollar. Ohne Zahlungsrückstände. Die Carranzas haben sich in zwei Generationen in die untere Mittelschicht Kaliforniens hochgekämpft. Er beschäftigt in seiner Firma 15 Lastwagenfahrer. 12 000 Dollar monatlich verdiente er bis vor Kurzem, nie war er arbeitslos, nie hatte er seinen Wohnort gewechselt. Auf der Bonitätsskala der Banken, die bei 850 Punkten endet, lag er bei 720. Die Geldverleiher liebten Kunden wie ihn. Fast täglich, erinnert er sich, riefen Kreditagenturen an. Sie fragten ihn: „Brauchen Sie Geld? Wie viel?“

Er brauchte Geld. Moises Carranza hat im Laufe von fünf Jahren fünf Hypotheken auf sein 102 Quadratmeter großes Geburtshaus aufgenommen. Er zupft an einem Stapel Papiere und bekommt stets das falsche Blatt zu fassen. Der Wohnzimmertisch quillt über von Formschreiben, die nie in die richtige Ordnung kommen. „Hier“, sagt er dann. Der erste Kredit. Die Hypothek über 100 000 Dollar, aufgenommen im Juli 2003, um das Haus zu renovieren. Zinssatz 5,3 Prozent. Den zweiten Kredit besorgte er sich im darauffolgenden Jahr, der Wert des Hauses war in der Zwischenzeit von 400 000 auf 700 000 Dollar gestiegen. Er lieh sich weitere 200 000 Dollar, um die Schwester zu unterstützen. Ein Lockangebot mit einem Prozent Zinsen. In der Eile hatte Carranza beim Abschließen des Vertrages im Internet die Anhänge nicht gelesen, in denen etwas von „variablen Zinsen“ geschrieben war. Doch noch höher als der Zinssatz, der bald 7,8 Prozent erreichte, stieg der Wert der Immobilie. „Ich habe mein Haus gemolken wie eine Kuh“, sagt Carranza. Der dritte Kredit folgte, erneut über 200 000 Dollar. Mit den vierten und fünften Darlehen löste er im Jahr 2006 die drei vorherigen aus, mit festem Zinssatz diesmal, 550 000 Dollar auf 30 Jahre. Die Familie hatte sich angewöhnt, alle zwei Jahre ein neues Auto zu kaufen, Flachbildschirme für jedes Zimmer und Jet-Skis dazu. Das Hobby von Moises. Doch seiner Firma brachen immer mehr Aufträge weg, sein Verdienst schrumpfte auf 6000 Dollar im Monat, davon muss er 5000 für seine Kredite zahlen. Der Wert des Hauses, das den Banken als Sicherheit diente, brach auf 500 000 Dollar ein und unterschritt damit die Höhe seiner Schulden. Im September haben sie ihm die Ankündigung der Zwangsvollstreckung an die Tür gehängt.

Die Adressen“, sagt Johann Brunner von der BayernLB. „So nennen wir die Kreditnehmer. Wir besaßen nie detaillierte Informationen über sie.“ Er setzt seinen Stift wieder an, macht aus der Linie zwischen Kalifornien und Bayern einen Pfeil. Der zielt auf München. Eine Abfolge fünfstöckiger Gebäude, die mehrere Innenhöfe umfangen. Monitore flimmern in den Fenstern. Die Zentrale der BayernLB ist ein kleines Stadtviertel für sich, eng am Herzen der Landeshauptstadt. Residenz in Reichweite. Eine legendäre Vorstandskantine im fünften Stock. Ein wuchtiger Steinlöwe vor der Tür. An den Ausfahrten der Tiefgaragen reger Verkehr an Limousinen. Inmitten von Luxusgeschäften liegt die Bank wie in Watte. Die „Anstalt öffentlichen Rechts“ genoss bisher das Privileg, dass der Steuerzahler für sie einstand und sie sich günstiger frisches Kapital borgen konnte als andere Banken. Sie schrieb seit ihrer Gründung vor 36 Jahren schwarze Zahlen, erwirtschaftete eine Nettodividende von sieben Prozent – als ihr 2005 die EU-Kommission die staatliche Haftungsgarantie entzog wie den anderen öffentlichen Banken. „Davor haben wir uns noch einmal billig vollgepumpt“, sagt Johann Brunner. 31 Milliarden Euro hamsterte die Landesbank, allerdings konnte sie in Bayern so viel an Krediten gar nicht vergeben. Ihre Mitglieder, die örtlichen Sparkassen, lassen dem Spitzeninstitut nicht viele Kunden. Da offerierte der Finanzmarkt in den USA ein neues verheißungsvolles Produkt – die Rechte an Hypotheken wie denen von Moises Carranza.

In der Finanzwelt sind Schulden ein Rohstoff wie das Erdöl in der Realwirtschaft. Die Tinte unter Carranzas Verträgen war nicht trocken, als die Rechte an seinem Darlehen bereits weiterverkauft worden waren. Seit Anfang der 90er Jahre hatten US-Banken begonnen, vergebene Kredite nicht mehr in den eigenen Büchern zu halten, sondern zu veräußern. So kamen sie vom Risiko los und machten ihr Eigenkapital frei für neue Kredite. Die Hypotheken nannten sie nun „Asset Backed Securities“, abgekürzt ABS, vermogensbesicherte Wertpapiere, und bündelten Tausende von ihnen zu CDOs, den „Collateralized Debt Obligations“, der geschichteten Schuldverschreibung. Eine neue Technik war erfunden worden, eine Innovation der Wall Street, von Experten gefeiert für höhere Renditen bei gleichzeitig geringerem Risiko. Das komplexeste, mathematisch ausgefeilteste Produkt, das die Finanzwelt bisher hervorgebracht hatte. Die CDO schien den Faktor Risiko so unschädlich gemacht zu haben wie einst das Antibiotikum die Tuberkulose.

Die BayernLB kaufte das Wundermittel erstmals 1993 und erwarb es im Wert von 200 Millionen Euro. Die Investitionen in CDOs stiegen bis 2005 auf 34 Milliarden Euro. Noch im Oktober des gleichen Jahres beschloss der Vorstand, über Zweckgesellschaften auf Steuerparadiesen wie den Cayman Islands und Jersey, bis zu weitere 28 Milliarden Euro in US-Hypotheken anzulegen. „Banking in paradise“, schwärmt noch heute der Verwaltungsratsvorsitzende der BayernLB Siegfried Naser, ein gelernter Landrat.

Das Problem ist dieser Mythos“, sagt Johann Brunner im Cafe des Grand Central, „dass wir ein Geschäftsmodell haben.“ Er nimmt die Skizze, markiert auf der Linie Kalifornien-München ein großes Kreuz, sein eigenes Büro in Manhattan. 560 Lexington Avenue, Ecke 51. Straße. 22 Stockwerke hoch ragt dort der rote Turm der BayernLB empor. Groß prangt der Namenszug an der Fassade, den Münchnern gehören Anteile der Gebäudegesellschaft. 220 Menschen arbeiten hier für die Landesbank. Nebenan das nobelste Hotel New Yorks, das „Waldorf Astoria“. Hier steigt die Bundesregierung auf ihren Stippvisiten ab und wuchs Paris Hilton auf. „Fame attracts fame“, wirbt das Haus. „Ruhm zieht Ruhm an.“ Der Turm an der „Lex“ diente der Bank gewissermaßen als Ansaugstutzen. „Die Chefetage hatte sich offenbar entschieden, so ziemlich alles zu nehmen, was der Markt her gab“, sagt Brunner.

Die Bayern, bis dahin am Finanzplatz New York nahezu unbekannt, avancierten mit zu den aggressivsten Käufern. Das Risk Office in München kam mit der Arbeit nicht nach, deshalb wurde erst gekauft, dann geprüft. Alles ging gut, solange die Immobilien boomten. Nachdem sie sich 50 Jahre lang kaum verändert hatten, taumelten die Preise zwischen 2000 und 2006 in immer neue Höhen. Die US-Regierung dachte, es sei eine gute Idee, mit Niedrigzinsen die Konjunktur anzuheizen und die Eigentumsquote zu heben. In der Folge explodierten alleine in Los Angeles die Immobilienpreise um 174 Prozent, in Miami um 178 Prozent, in der Hauptstadt Washington um 150 Prozent. Die Banken vergaben Kredite an immer einkommensschwächere Haushalte, die „Subprime“-Klasse, denn wurde ein Schuldner zahlungsunfähig, erzielte sie durch die Zwangsversteigerung trotzdem satte Gewinne - bis Anfang 2006 die Preise ins Bröckeln kamen. Erste Banken in den USA und Deutschland begannen sich aus dem Markt zurückzuziehen. Die Provinzkasse aus Bayern stoppte den Ankauf von Hypotheken erst ein Jahr danach. Der Vorstandsvorsitzende Michael Kemmer bekannte später in München: „Ja, offensichtlich waren wir ein bissel langsamer.“

Brunners Bleistift tippt immer mal wieder auf eine Krone, die er auf seinem Skizzenblatt über dem Standort München gesetzt hat. Der Verwaltungsrat. Zehn Mitglieder, davon drei Minister der bayerischen Landesregierung. Der mittlerweile zurückgetretene Finanzminister Erwin Huber etwa. „Wir haben denen das alles vorgelegt, aber die Jungs haben das nicht verstanden. Jetzt ist es natürlich einfach, auf uns in New York zu schimpfen. Diese Heuchelei.“ Das Kontrollgremium wurde vom Bankvorstand offenbar ebenfalls nicht für voll genommen. Es vergingen Monate, bis es über dann bereits schon umgesetzte Entscheidungen informiert wurde. Und häufig wurde es überhaupt nicht ins Bild gesetzt. Einer, der regelmäßig ihren Sitzungen beiwohnte, sagt: „Die hatten von Tuten und Blasen keine Ahnung.“ Eine zahnlose Honoratiorenrunde. In den Protokollen des Verwaltungsrates heißt es über die Zusammenkünfte, auf denen zum Teil über Milliardeninvestitionen entschieden wurde: „Ohne Wortmeldung, ohne Gegenstimme.“ 24.1.2006: „Ohne Wortmeldung, ohne Gegenstimme“. 9.3. 2006: „Ohne Wortmeldung, ohne Gegenstimme“. 2.5.2006: „Ohne Wortmeldung, ohne Gegenstimme“. 5.7. 2006: „Ohne Wortmeldung, ohne Gegenstimme“. Über viele Monate ließe sich diese Liste fortführen. Es gibt Berichte, wonach auf den Sitzungen das eine oder andere Mitglied eingeschlummert ist.

Die Kontrolleure an der Spitze haben nicht kontrolliert, und der Kontrolleur Brunner an der Basis? Der wechselt jetzt im Grand Central von Kaffee auf Wein. Er möchte öffentlich nicht ins Detail gehen, sonst wäre es einfach, ihn zu identifizieren. Mehrfach lehnte er den Kauf millionenschwerer Hypothekenverbriefungen ab. Er warnte vor fehlender Dokumentation. Warnte vor unklarem Geldfluss und unklaren Strukturen der offerierten CDOs. Er habe sich geweigert, die Papiere zu unterschreiben, doch seine Vorgesetzten glaubten an den Boom. „Ich bin irgendwann in die innere Immigration. Ich gab auf.“ Er beklagt das schlechte Arbeitsumfeld. Die Qualität der Analysesoftware im Haus, „total antiquiert“. Im Vergleich zur Deutschen Bank sei das Risk Office in New York und München „sleepy“, wie er auf Englisch sagt. Verpennt. „Outdated“, fügt er dann hinzu. Rückständig. „Als ich hier angefangen habe, war ich schockiert, wie unerfahren die in der CDO-Analyse sind.“

Es gibt nur wenige wie Brunner, die offen über die Probleme reden. Die Bankvorstände schweigen sich über Details hartnäckig aus, noch immer ist der Öffentlichkeit nicht bekannt, in welche Hypothekenpakete genau die BayernLB investierte. Eine Focus-Anfrage zu einem Hintergrundgespräch über den Handel mit CDOs wurde von der BayernLB abgelehnt. Unter den Bankern herrscht die blanke Angst, der Druck ist enorm. Selbst solche mit privaten Kontakten zu Journalisten machen sich verdächtig. „Bloß nicht in der Firma anrufen“, heißt es, wenn man sich zum Joggen verabreden will. Um die Wertpapierhändler der CDO-Abteilung ist, wie Mitarbeiter berichten, eine „chinesische Mauer“ gezogen worden. Im Börsenjargon der Code für Quarantäne.

Hinter der Mauer arbeitet Mathias Kneißl*, Teamleiter, vielleicht bei der BayernLB, vielleicht bei einer anderen Landesbank in New York. Er zählt auf, wie viele Angestellte die Banken an der Wall Street in dieser Woche rausgeworfen haben. 900 bei jener Bank, hundert bei dieser, wieder hundert bei einer anderen. 50 000 Banker verloren in den vergangenen Wochen in der Stadt ihre Arbeit. Die Restaurants in Manhattan, sonst übervoll, sind halb leer. „Die Flüge nach New York kommen jetzt wenigstens wieder pünktlich“, sagt er. Der Mann besitzt Galgenhumor. Er hat einen Job, der zu den begehrtesten in der Bank gehörte und jetzt der gefährdetste ist. Die fünf Monitore seines Händlertisches zeigen seit Wochen keine guten Nachrichten mehr an. Das Weihnachtswunder bleibt aus. Er ist ein Kind der modernen Schuldenökonomie, lange hatte er einen unbedingten Glauben ins System. Er bewunderte es. „Es wurden sogar Optionen auf Verbriefungen gehandelt. Eine größere Effizienz als das Bankwesen hat keine andere Industrie hinbekommen. Du konntest mit einem halben Hundertstel eines Prozentes noch Geld verdienen.“

Zweifel an der Stimmigkeit seiner Welt kamen Kneißl erst allmählich. Der Aufbau der CDOs wurde fortwährend komplexer, bald gab es die CDO der CDO der CDO der CDO. „Ab der dritten oder vierten Verbriefung einer CDO haben wir nichts mehr gewusst.“ Dem Kreditfonds hätten Daten auf CD-ROM beigelegen, aber auch die seien nicht sehr ergiebig gewesen. „Wir haben nicht mal das Einkommen der Leute gekannt. Auf der CD stand nur die Bonitätsklasse und das Verhältnis Kreditsumme zu Immobilienwert. Der Rest war nicht gefragt.“ Immer weniger wussten die Banken, mit wem sie eigentlich Handel trieben. Das hauseigene Risk Office, so die Erfahrung von Kreißl, brachte wenig Licht ins Dunkel. „Da reicht man die CD an einen Junior-Analysten weiter, dem gibt man das Internet und die Yahoo-Finanzen und die Berichte der Rating-Agenturen von vor einem halben Jahr.“ Kneißl behauptet, der einfache Arbeiter in der internen Prüfung verfüge nicht über wichtige Quellen wie Bloomberg, das Börseninfosystem. Die BayernLB bestreitet dies. Auch die Wirtschaftsprüfer kritisierten die Zustände im Risk Office in New York. Ein einziger Analyst sei für das gesamte „Subprime“-Portfolio von etwa 350 Wertpapieren zuständig. In ihrem Bericht bemängeln sie zu wenig Personal und veraltete Technik. Die BayernLB investierte ins Unbekannte. Eine Bank auf Autopilot.

Brunners Bleistift kehrt zum Kreuz zurück, das für Manhattan steht, zieht von dort aus drei Striche, die er erneut in Kreuze enden lässt. Was an Golgatha erinnert. Die drei großen Rating-Agenturen. Eine einzelne von ihnen sei mächtiger als die US-Regierung, schrieb einst die „New York Times“. Sie heißen Moody`s, Standard & Poor`s und Fitch. Mit Tausenden Mitarbeitern prüfen sie die Bonität von Unternehmen und das Ausfallrisiko von CDO-Verbriefungen. Ihre Urteile, die sie als „Meinungen“ bezeichnen, bedeuten für den Beurteilten Profit oder Bankrott. Sie reichen von der Bestnote AAA bis zum tödlichen D. Die BayernLB kaufte zunächst nur die vermeintlich besten Papiere, später jedoch auch immer mehr unsichere. Die Subprimes. Die versprachen größere Gewinne. Die Rating-Agentur war der Schlussstein, der dem ganzen System Halt verlieh. Doch war dieser Halt nur Schein. Die US-Börsenaufsicht kritisiert, dass sie nicht das Personal hatten, um sorgfältig zu prüfen, und auch nicht die notwendige Methodik. „Die gehen nicht ins Detail“, klagt Brunner. „Die verließen sich hauptsächlich auf das, was sie von der anbietenden Bank bekamen.“ Von der sie auch ihre Gebühren bezogen.

Die BayernLB ist Anfang Dezember 2008 praktisch pleite. Sie weist einen operativen Verlust von 1,67 Milliarden aus. Der Immobilienmarkt in den USA ist im freien Fall, der Handel mit Hypotheken zusammengebrochen. Auch die Triple-A-Portfolios der BayernLB sind so gut wie unverkäuflich geworden. Es gibt Befürchtungen, dass ein Großteil der in CDO-Papiere angelegten 21 Milliarden Euro verloren sind. Der Freistaat rettet seine Bank mit zehn Milliarden Euro und verschuldet sich damit so hoch wie noch nie in seiner Geschichte. Dazu kommen Bürgschaften von Bund und Land in Höhe von 20 Milliarden. Jeder vierter Arbeitsplatz bei der Bank wird gestrichen. Ob sie mittelfristig überleben wird, bleibt unklar.

Johann Brunner zuckt mit den Achseln. „Das ist der Anfang“, sagt er. „Bald kollabieren die Papiere gewerblicher Immobilien.“ Er steht auf und beharrt darauf, die Rechnung zu bezahlen. 

* Name geändert

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 
 
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