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PHOTOGRAPHIE Christoph Püschner

Das Totenbuch des Monsieur Pierre

Haiti nach dem Erdbeben. Ein Augenzeugenbericht.

 

Er schließt die Bürotür, hinter der das Unsagbare liegt. Nimmt den Messingknauf in die Hand, stemmt sich mit dem Körper dagegen und drückt sie zu. Jovin Pierre steht alleine in seinem Arbeitszimmer. Ein Mann in den Fünfzigern, vergoldete Brille, akkurates Hemd mit Bügelfalten. Er dreht sich zu seinem Schreibtisch um, nur ein einziges Buch liegt darauf. Jovin Pierre schlägt es auf, streicht mit den Fingerkuppen über seine Seiten. Sie sind eng beschrieben, Spalte für Spalte, in Pierres zierlicher Schrift. "Es ist nicht die Ordnung, die wir sonst halten", sagt er entschuldigend. Dann klemmt er es unter den Arm, das Totenbuch des zentralen Krankenhauses in Port-au-Prince, verharrt für einen Augenblick und tritt wieder zur Tür hinaus.

Halt suchend presst er draußen die Hand an die Wand, stützt sich an sie bei jedem Schritt. Unter seinen Füßen ist der Boden mit einem Brei überzogen, einer schmierigen schwarzbraunen Masse, in die der Mann bis über die Schuhsohlen einsinkt. "Es kann sein, dass wir in diesen Tagen Fehler machen", sagt er."Ich kann das nicht ausschließen. Ganz sicher gab es Verwechslungen." Der Direktor des Leichenschauhauses sieht kurz vom Boden auf. Er schätzt den besten Weg über das Krankenhausgelände ab und blickt vor sich auf Hunderte verwesende Leiber, neben- und übereinander gelegt. Sie strecken ihre Arme aus, sitzen breitbeinig, sind mit den Rücken aneinandergelehnt. Ihr Gedärm platzt aus den Bäuchen und ergießt sich überall auf dem Boden als Morast.

Es ist der fünfte Tag, nachdem in Haiti die Erde bebte. Schwarzer Rauch steht über der Hauptstadt Port-au-Prince. Zertrümmert liegt sie im Halbrund der Berghänge. Brände brechen in einzelnen Ruinen aus. Die Innenstadt ist wie ausgelöscht. Die Institutionen des Staates gibt es nicht mehr. Die Überlebenden schauen aus ihren Zelten auf den zusammengebrochenen Präsidentenpalast, die Reste der Ministerien, die Ruine der Kathedrale, die den Erzbischof unter sich begrub. Der Präsident, heißt es, der nach dem Beben ebenfalls für kurze Zeit als tot galt, steht unter Schock. Seine Frau spricht in der Öffentlichkeit für ihn. Die UN ist von der Katastrophe schwer getroffen, auch viele internationale Hilfsorganisationen. Ihre Büros sind zum Teil zusammengebrochen, Helfer sind gestorben. Die meisten haben ihre Posten verlassen, um nach den eigenen Familien zu schauen. Menschenmassen wälzen sich durch die Schutt bedeckten Straßen. In den Überresten der Stadt suchen sie die Lebenden. Immer häufiger finden sie die Toten.

Das Radio hat am Vortag die Anweisung des Gesundheitsministeriums bekannt gegeben, geborgene Leichen in Plastikbeuteln verpackt am Straßenrand abzulegen. Im Auftrag der Bezirksverwaltungen fahren Vorderlader die Hauptverkehrsachsen ab, um Leichen aufzuschaufeln und sie mit Lastwagen wegzutransportieren. Anders wird Port-au-Prince dem Massensterben nicht mehr Herr. So säumen die Toten die Straßen, wie Müllsäcke. Bis zum Ende der darauffolgenden Woche wird ihre Zahl im ganzen Land auf über 200 000 geschätzt. Alleine bei Jovin Pierre enden im Lauf der nächsten Tage 15 000 von ihnen. Der Hof vor seiner Leichenhalle verwandelt sich dabei zum wohl schlimmsten Ort auf Erden.

Der Boden schwankte, als Pierre und seine 20 Angestellten bei der Arbeit waren. Die Welt um sie herum brach zu Staub. Wie zum Hohn aber blieb ihre Leichenhalle stehen. "Das Problem ist", klagt Pierre, "dass wir schon davor keinen Platz mehr hatten." 1000 Tote lagerten in seinen Kammern. Die meisten hatten ihr Leben in Haitis chronischen Bandenkriegen verloren, die zum Jahresanfang in den Armenvierteln ausgebrochen waren. Leichen mit Einschusslöchern. So steht es in Pierres Buch. Haiti ist seit Langem zerrüttet von Unruhen und Gewalt. Dem Sterben im Armenhaus der Karibik schenkt die Welt selten Beachtung. Seine Plage sind Hurrikans und die "Rat-pa-kaka". Die Ratten, die nicht scheißen, wie die Slum-Mafia hier heißt. Als die ersten Opfer des Erdbebens gebracht wurden, blieb Direktor Pierre zum Lagern nur der Vorraum. Eine Stunde danach reichte der nicht mehr, und er ließ die Leichen auf den Hof ablegen. Schließlich bedeckten sie ein Viertel des Krankenhausgeländes. Am Ende des ersten Tages begannen die Arbeiter sie zu schichten.

Wir brauchen Wasser, um den Platz zu reinigen!", klagt Pierre. "Wir brauchen Gummistiefel. Wir brauchen Mundschutz!" Der Sohn eines Kaffeekaufmanns ist von der Krankenhausverwaltung vor einem Jahr zum Chef des Leichenhauses gemacht worden. Ein elffacher Großvater, kurz vor seiner Rente, mit sanftem Druck. Denn Pierre ist ein beflissener Verwalter. Doch jetzt fühlt er sich im Stich gelassen. Die Toten seien ja immer noch Menschen, sagt er, würdevoll müsse man sie behandeln. Nach dem Beben habe er auf Anweisungen des Justizministeriums gewartet, die Leichen in Massengräbern beizusetzen. Aber es habe keine Order gegeben. Konnte keine geben. Das Justizministerium, nicht weit weg, ist nur noch ein Haufen aus Steinen und Stuck.

Die Frau hüpft am Ort der Toten kichernd auf und ab. Sie dreht sich um die Achse, springt von einem Fuß auf den anderen. Summt fröhlich ein Kinderlied dazu. Der sechste Tag nach dem Beben. Die UNO schätzt, dass von fast zehn Millionen Haitianern drei Millionen vom Beben unmittelbar betroffen sind. "Meine einzige Tochter", singsangt die Frau und zeigt dem Leichenhaus-Direktor das Bild einer strahlenden jungen Frau. Pierre beugt sich mit Goldbrille darüber. Über Nacht hat er den vorderen Bereich des Platzes freiräumen lassen. Kleiderfetzen haften noch am Beton, die Hauthülsen von Brüsten. Eine Fußsohle, die sich vom zerfallenen Körper gelöst hat. Ein Gesicht. Der Gestank ist bestialisch. Der Blick der Mutter wandert wie wirr.

Elicene Dumerjuste, 48, trägt eine Plastiktüte frischer Kleider. Sie will sie nach haitianischem Brauch der Toten anziehen. "Mein eigenes Kind", kichert sie und schaukelt hektisch mit dem Oberkörper. Pierre legt seine Hand auf ihre Schulter. "Deine Tochter ist wahrscheinlich schon beigesetzt." Dann wendet er sich wieder den Toten zu. Dumerjuste, die als Schneiderin in einem Krankenhaus arbeitet, läuft hinter ihm her. "Schau noch mal", ruft sie. "Sie heißt Manu." 25 Jahre wäre die Tochter nächsten Dienstag geworden, eine Krankenpflegeschülern, verschüttet im zweiten Stock ihrer Berufsschule mit 50 anderen. Zusammen mit ihrem Mann sucht die Mutter in allen Leichenschauhäusern. Ihre Gesichtsmuskeln zucken, sie krampfen, von Stirn über Wangen zum Kinn.

Das Ehepaar, das Foto des Kindes in der Tasche, irrt durch die staubenden Trümmer dieser Stadt. Zuhause sitzen sie im Hof unter einer aufgespannten Plane. Das Radio spielt tröstende Gospelmusik. Die Mutter hat sich wieder etwas gefasst. Sie erzählt, wie sie am Morgen vor dem Beben ihrer Tochter das Frühstück machte. Sie, die fast immer gute Laune hatte, es liebte, zu reden und zu plaudern, war missgestimmt. Kopfschmerzen habe Manu gehabt. Wortlos hätten sie am Tisch gesessen, bevor sie für immer ging. Der Mann, der Manu demnächst heiraten wollte, schließt die Hände um sein Gesicht."Ich fühle mich so schuldig", sagt er. Ein Arzt, den Manu in einer Arbeitspause im Park in Port-au-Prince kennen lernte. Sie hatte Apothekenhelferin gelernt, doch ihr neuer Freund überredete sie, zusätzlich eine Krankenpflegeausbildung zu absolvieren. Weshalb sie beim Beben in der Berufsschule war. "Ich weiß nicht, was ich jetzt machen soll", weint er in seine Hände. "Ich habe sie geliebt." Die Palmen wehen über ihren Köpfen. Um ihre Beine wedelt "Chiot", Manus zwei Monate alter Welpe. Das Bett hat die Mutter abgebaut und in den Rohbau gestellt, in den ihre Tochter nach ihrer Hochzeit ziehen wollte. Das hatte ihr eine alte Nachbarin geraten. "Stell es dorthin, wo du es nicht sehen kannst. Stell es aufrecht an die Wand." Damit der Geist der Tochter sich nicht mehr niederlassen und er leichter gehen kann.

Der siebte Tag. Die Millionenmetropole ist größtenteils immer noch ohne Wasser- und Lebensmittelversorgung. Die Läden, die nicht zerstört wurden, haben aus Angst vor Plünderungen geschlossen. Nur wenige Händler verkaufen Kekse und Streichkäse am Straßenrand. Die Preise sind seit dem Beben bis ums Fünffache gestiegen. Auch internationale Helfer und Journalisten müssen Hungertage einlegen. Der deutschen Botschaft, eine 1-Mann-Vertretung am vornehmsten Hügel der Stadt, geht zeitweise die Nahrung aus. Es gibt kaum Benzin und kilometerlange Schlangen vor den Tankstellen. Autofahrer prügeln sich um einzelne Kanister. Port-au-Prince schläft aus Angst vor Nachbeben nach wie vor unter freiem Himmel. Die Reichen in ihren Garagenauffahrten. Das Volk in Parks und auf den Straßen, wo die Schlafsektionen mit Steinen markiert sind. Damit nachts die Campierenden nicht überfahren werden.

   


Ratlos stehen die M änner der Präsidentengarde an den Palasttoren. Ein in der Residenz verschütteter Offizier sendet SMS an Kameraden. "Ich lebe", textet er. "Holt mich raus." Die Uniformierten schauen erschüttert auf die Trümmer des Weißen Hauses von Haiti. "Uns wurde gesagt, dass kein ausländisches Rettungsteam an den Palast darf. Es gibt dort zu viele geheime Dokumente." Staatskalkül. Der um sein Leben textende Mann war beliebt unter ihnen. Sie hassen an diesem Tag ihren Posten. Sie bewachen sein Sterben. Die Inhalte der Akten anderer Regierungsgebäude breiten sich längst über der Stadt aus, Geburtsurkunden aus dem völlig zerstörten Justizministerium pflastern die Straßen. In den Überresten des Finanzministeriums verrichten die Menschen ihre Notdurft. Das Steueramt liegt als Steinkegel auf der Straße und blockiert den Verkehr.

Der Tod ist bei schweren Naturkatastrophen nach den ersten Tagen meist aus dem Stadtbild verbannt. Nicht hier in Port-au-Prince. Die Gebäudetrümmer sind immer noch gespickt mit Leichen. Braun glänzen sie aus ihnen hervor. Ihr geronnenes Blut quillt durch die Plattenfugen. Der Direktor Jovin Pierre hat seit Tagen kaum geschlafen. Er klagt aber nicht, er lächelt, wenn er wieder einen neuen Abschnitt des Hofes sauber bekommen hat. "Sehen Sie!", sagt er dann strahlend. Jeden Nachmittag stellt er 17 Tagelöhner an. Er ist dabei auch heute von einer Traube Männern umgeben, sie reißen die Hände hoch. 15 Dollar verspricht Pierre ihnen pro Schicht. Die Hälfte der Haitianer lebt von weniger als einen Dollar am Tag. 80 Prozent leben von weniger als zwei. "Du hast es mir gestern versprochen!", schreit ein Herandrängender. Jemand versucht es mit Bestechung, er nimmt Pierre zur Seite, flüstert ihm ins Ohr. Ein anderer will ihm den Arm wegdrücken, weil der Direktor den Namen eines Konkurrenten auf die Lohnliste setzen will. Im Morast des Leichensafts streiten die Männer um die Toten.

Sie verlassen das Gelände in der Nacht. Bei Einbruch der Dämmerung werfen die Arbeiter die Körper auf Lastwagen. In weißen Schutzanzügen und mit OP-Handschuhen, von denen sie sich von Zeit zu Zeit die Hautfetzen schütteln. Sie reden dabei nicht viel, manchmal machen sie einen Scherz. "Es ist gefährlich, die Toten tagsüber zu den Massengräbern zu fahren", sagt Jovin Pierre. "Dann würde Panik ausbrechen." In den ersten Tagen nach dem Beben wurden einige Friedhofstransporte von einer Menschenmenge aufgehalten. Die Fahrer mit Steinen beworfen. Denn all diese Toten werden anonym bestattet, ohne dass die Familien jemals die Chance haben, ihre Verlorenen heimzuführen. Es waren bis zum Freitag rund 90 000 Beigesetzte.

Die ganze Welt will helfen, doch blockiert sie sich bald selbst. Eine Armada setzt sich in Richtung Haiti in Bewegung. Die USA haben mit 16 000 Soldaten so viele entsendet wie nie bei einem humanitären Einsatz. Flugzeugträger und Zerstörer. Unentwegt knattert eine Flotte von Helikoptern über Port-au-Prince. Die USA übernehmen mit einer kurzen, effektiven Operation den Flughafen, wo die Nationen bald eifersüchtig um die Landeerlaubnisse ringen. Technisch ist der nur für stündlich 35 Flüge ausgelegt. Um die Katastrophe einzudämmen, aber braucht es mindestens 100. Tausende Helfer schlagen ihre Zelte am Flughafen auf, ein Flaschenhals. Viele trauen sich ohne bewaffnete Begleitung nicht in die Stadt. Es fehlt an Koordination. Wo, wie, wann. Jene, die hätten koordinieren sollen, die Leiter der UN-Friedensmission, sind allesamt tot. "Wo sind die anderen Ärzte?", fragt ein amerikanisches Medizinerteam aus Ex-Marines, die in nur zwei Kilometer Entfernung zum Stadtzentrum Verletzten die Beine abnehmen. "Viele hätten wir gestern noch retten können."

Die deutschen Retter versuchen sich, so gut es geht, durch das Nadelöhr zu zwängen. Ein Hilfsflug mit 34 Tonnen ist wegen fehlender Landeerlaubnis mehrfach verschoben worden. Die Deutschen sind mit nur wenigen Organisationen in Haiti vertreten. Ins Büro der Katastrophenhilfe der Diakonie kehrt allmählich die Betriebsamkeit zurück. Hier ist nur die Gartenmauer eingestürzt, die Frau des Hausmeisters wurde bei ihrer Flucht nach draußen am Arm verletzt. In der ersten Zeit nach dem Beben blieb die Niederlassung lediglich mit der Deutschen Astrid Nissen und einer kanadischen Kollegin besetzt. Die übrigen Mitarbeiter des 25-köpfigen Diakonie-Teams sorgten sich zunächst um die eigenen Familien, bevor sie jetzt nach und nach wieder zur Arbeit erscheinen. Nissen schickt ein Erkundungsteam in die Provinzstadt Jacmel. Die Reise, die sonst zwei Stunden dauert, braucht nun an die zehn. Lange bleibt Nissen ohne Nachricht. Noch schwieriger wird die logistische Lage, seit die Regierung für die nächsten Wochen jeweils 19 Uhr eine Ausgangssperre verhängt.

Der achte Tag danach. Die Geschäftsleute in der Innenstadt wissen sich im Wettlauf gegen die Plünderer. Es ist in Haiti ein eingespieltes Drama, nur dieses Mal in weit größeren Dimensionen. Der Hotelbesitzer des "Fresh Air", am einstmals wichtigsten Boulevard gelegen, holt aus der Ruine, was noch brauchbar ist. Der Mann hat einen gehetzten Blick, ist schweißbedeckt. Für 400 000 Dollar hat er das 22-Betten-Hotel vergangenes Jahr gekauft, umgebaut und zu Silvester wiedereröffnet. Zehn Menschen sind beim Einsturz gestorben. "Ich habe alles verloren!" Der Hotelier brüllt den angeheuerten Tagelöhnern zu, sie sollen sich beeilen, noch einige der intakten Klimaanlagen zu bergen. Denn immer mehr junge Männer mit Schlagstöcken rennen durch die Straßen. Am Vortag konnte er noch ein 13-jähriges Mädchen aus dem Schutt retten, bis zur Hüfte hatte es festgesteckt. Ein spanisches Rettungsteam wollte helfen, doch brach es ab, als in der Nähe Schüsse fielen.

Die Plünderer reisen aus Slums wie dem Cité Soleil in Gruppen an. Haben Lastwagen gemietet und lassen sich zu lohnenden Zielen chauffieren. Während der Hotelier zu seinem Pick-up eilt und davonstiebt, überrennen Hunderte Plünderer die Gebäudereste. Gegen den Verwesungsgestank haben sich manche von ihnen Orangenschalen in die Nasenhöhlen gepfropft. Ihre Beute tragen sie in Säcken auf den Köpfen. Sie zerren Stoffbahnen aus den Steinen, Lebensmittel und Metalle. Sofort beginnen sie, untereinander zu handeln. Zwischen ihnen stehen ängstliche Polizisten, hoffnungslos in der Minderzahl, einer soll hier am Vortag erschossen worden sein. Immer wieder Rangeleien. Die Diebe schlagen mit langen Stöcken aufeinander, streiten um Waren, die sie den Obdachlosen-Camps verkaufen können. Ihre Frauen, die seltener von Polizisten durchsucht werden, tragen 9-Millimeter-Pistolen unter den Blusen. Während es in weiten Teilen der Stadt immer noch ruhig bleibt, fallen in ihrem Zentrum Schüsse. Nach den Erdbeben-Opfern erreichen jetzt auch die ersten toten Plünderer das Leichenschauhaus von Jovin Pierre.

Er legt am Ende des neunten Tag das Totenbuch zurück auf den Schreibtisch. Der Direktor hat die Neuankömmlinge von heute gesichtet und sie auf den Buchseiten eingetragen. 1209 sind es, namenlos meist. Es ist auf dem schmierigen Boden immer noch schwierig, zu seinem Büro zu gelangen. Doch muss er jetzt nicht mehr über die Toten steigen. Sie werden jetzt rascher durch Lastwagen abgefahren. Pierre ist müde. Sein eigenes Haus wurde zerstört, er hat die Wohnungseinrichtung verloren, und heute haben dazu die Arbeiter mit einem Streik gedroht. Sie wollen das Geld, das ihm das Krankenhaus noch nicht gegeben hat.

Jovin Pierre setzt sich an seinen Schreibtisch und starrt auf eine leere Wand.

 

 

 
             
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